Asexualität – Alles Wichtige über diese sexuelle Orientierung

Das Fehlen der sexuellen Anziehung zu einem anderen oder auch demselben Geschlecht bezeichnet man als Asexualität. Asexuelle haben meist auch keinerlei Verlangen nach sexueller Interaktion. Das ist, um nur kurz darauf einzugehen, worum es im nachfolgenden Artikel gehen soll. Wir werden versuchen, den Begriff der Asexualität genauer zu definieren, und zwar in seinem gesamten Spektrum, einige Symptome der Asexualität an die Hand zu geben und natürlich trotzdem die Möglichkeiten einer ganz normalen Partnerschaft aufzuzeigen. Denn asexuell zu sein ist absolut nichts Schlimmes, sondern einfach nur die ganz spezielle Form einer sexuellen Identität.

Wie sich Asexualität definieren lässt

Wie im einleitenden Absatz bereits erwähnt, handelt es sich bei der Asexualität um eine der vielen unterschiedlichen sexuellen Identitäten, die es auf der Welt gibt. Der kanadische Sozialpsychologe Anthony Bogaert hat die Definition eingeführt, dass eine asexuelle Person keine sexuelle Anziehung erlebt, ganz egal zu welchem Geschlecht. Dabei wird angenommen, dass rund ein Prozent der Weltbevölkerung sich selbst als asexuell bezeichnet bzw. erlebt. Mehr Frauen als Männer sind laut Experten asexuell. Ursachen für eine Asexualität gibt es keine. Meist sind Menschen bereits ihr ganzes Leben lang asexuell, merken es dann eben nur im Laufe der Zeit und dem Vergleich mit anderen. Das Gegenteil der Asexualität ist die sogenannte Allosexualität – also, wenn sich eben jemand sexuell zu anderen Personen hingezogen fühlt.

Doch ebenso wie bei allen anderen Sexualitäten auch, ist auch die Asexualität nicht so einfach zu fassen, wie der Satz von Bogaert vermuten lässt. Denn es gibt Asexuelle, die gar keinen Sex haben, andere haben Sex und genießen diesen, aber nur unter ganz bestimmten Bedingungen. Außerdem gibt es auch diejenigen, die trotz ihrer Asexualität den romantischen Aspekt von Sex in einer Beziehung erleben möchten. Wieder andere masturbieren zwar, haben aber kein Interesse daran, Sex mit einer Person zu haben. Asexualität ist also sehr vielfältig und kann viele verschiedene Facetten haben.

Die vielen verschiedenen Facetten der Asexualität

Das Spektrum bei der Asexualität ist ebenso divers wie das auch bei den ganzen anderen Sexualitäten der Fall ist. Wir haben für dich einmal die folgenden Arten der Asexualität recherchiert:

  • aromantic: Aromantische, asexuelle Personen fühlen sich weder sexuell noch romantisch zu einer anderen Person hingezogen. Dennoch können sie eine glückliche Beziehung führen, wenn sie eben den einen oder die eine Partner/in finden, mit der sie sich so gut verstehen, dass sie eine platonische Beziehung führen können.
  • grey-asexual/grey-romantic: Das Wort „grey“ steht in diesen Bezeichnungen für eine Grauzone, in der sich die Personen befinden, die sich sexuell als „grey-asexual“ oder „grey-romantic“ bezeichnen. Sie erleben zwar in der Regel keine sexuelle Anziehung, können eine solche aber manchmal erfahren. Ebenso lassen sich Personen mit einem sehr geringen Sexualtrieb in diese Kategorie einordnen. Oder diejenigen, die Sex haben oder eine romantische Beziehung führen, dazu aber ganz bestimmte Bedingungen nötig sind.
  • demi-sexual/demi-romantic: Personen, die sich mit diesen Bezeichnungen identifizieren, können erst dann eine sexuelle oder romantische Beziehung mit jemandem eingehen, wenn sie eine emotionale Bindung zu ihrem Gegenüber aufgebaut haben.
  • reciprosexual/recipromantic: In dieses Spektrum der Asexualität fallen all diejenigen, die erst dann eine romantische oder sexuelle Anziehung erleben, wenn sie wissen, dass die andere Person sich zu ihnen hingezogen fühlt.
  • akoisexual/akoiromantic: Mit diesen Bezeichnungen werden Personen beschrieben, die zwar eine sexuelle und/oder romantische Anziehung erleben können, diese Gefühle aber nachlassen, sobald das Gegenüber diese erwidert.
  • aceflux/aroflux: Personen, die sich in dieses Spektrum der Asexualität einordnen, schwanken in ihrem Verhalten. Bist du ‚aceflux‘ kannst du dich an einem Tag asexuell fühlen und nimmst an einem anderen aber eine sexuelle Anziehung wahr. Bei ‚aroflux‘ geht es dir ebenso mit den romantischen Gefühlen für eine andere Person. Du schwankst dabei zwischen romantischen und aromantischen Gefühlen.

Du weißt am besten, wo du dich selbst vielleicht einordnen kannst. Und selbst, wenn du dich bei den unterschiedlichen Arten nirgendwo so ganz zuordnen kannst, bedeutet das nicht, dass du spezieller bist als andere. Jeder ist mit seiner/ihrer ganz eigenen individuellen Sexualität geboren und/oder entwickelt diese im Laufe des Lebens.

Ein weibliches, junges Pärchen sitzt Arm in Arm zusammen.
Das Spektrum von Asexualität ist sehr breit. Es gibt nicht nur die eine Form.

Asexualität in einer glücklichen Partnerschaft

Sich Asexualität im Beziehungsmodell vorzustellen, fällt vielen logischerweise schwer. Doch auch asexuelle Menschen können glückliche Beziehungen führen. Denn schließlich sind Nähe und Zärtlichkeit auch ohne Sex möglich. Finden sich zwei asexuelle Personen, die sich in eine der oben beschriebenen Kategorien einordnen und darüber ausgiebig miteinander sprechen, dann kann eine ganz normale Beziehung möglich und erfüllend sein – für beide Seiten. Denn Verbundenheit muss nicht unbedingt über die sexuelle Beziehung entstehen. Da die Asexualität so viele verschiedene Facetten haben kann, ist es wichtig, sich selbst entsprechend einordnen zu können und das auch mit dem/der Partner/in zu teilen. Beziehungen zwischen asexuellen Personen und solchen, die Sexualität ganz normal erleben und genießen, sind da schon schwieriger, aber bestimmt nicht unmöglich. Wichtig ist immer, dass entsprechend darüber gesprochen und eine gangbare Art der Beziehung, auch was die Sexualität angeht, gefunden wird. Viele Asexuelle sehnen sich nämlich nach einer Liebesbeziehung und das ohne, dass sie ein körperliches Verlangen nach Sex verspüren. Häufig treten in Beziehungen von asexuellen Personen ohne Sex andere Aspekte in den Vordergrund, wie besonders tiefe Gespräche oder ein gemeinsames Hobby, das zur Nähe in der Beziehung beiträgt.

Liebe kann eben genauso wie die unterschiedlichen Sexualitäten auch zahlreiche unterschiedliche Facetten haben und für jeden etwas anderes bedeuten. Wichtig ist, dass sich beide Partner einig sind, über die Vorlieben des Partners oder der Partnerin Bescheid wissen und es einen regelmäßigen Austausch gibt. So ist eine glückliche Partnerschaft auch für diejenigen möglich, die vielleicht kein oder kaum Verlangen nach sexueller Interaktion haben.

Bin ich asexuell? So kannst du es möglicherweise herausfinden

Wenn du dich zu dem Thema informierst, dann womöglich, weil du dich selbst fragst, ob du vielleicht asexuell bist. Natürlich kann jeder mal keine Lust auf Sex haben. In Beziehungen gibt es manchmal monatelang aufgrund des Alltags vielleicht keine wirkliche Gelegenheit für Sex oder vielleicht findest du auch nur wenige andere Menschen sexuell anziehend. Aber wenn du die nachfolgenden Punkte bejahen oder eben verneinen kannst, dann könnte es sein, dass du zu dem einen Prozent der Weltbevölkerung gehörst, das sich als asexuell definiert:

  • Warst du schon einmal sexuell erregt durch die Berührung einer anderen Person?
  • Gefällt es dir, wenn du Sex hast oder hast du das Gefühl, du machst das nur, um jemand anderem zu gefallen?
  • Fällt es dir schwer, keinen Sex zu haben oder macht es dir nichts aus monate- oder sogar jahrelang keinen Sex zu haben?
  • Wenn du sexuelle Gefühle für jemanden empfindest, kommen diese erst dann, wenn du die Person besser kennst und du vielleicht sogar bereits eine emotionale Bindung zu dieser Person aufgebaut hast?
  • Fühlst du dich unter Druck gesetzt, eine intime Beziehung einzugehen, weil das eben alle anderen auch so machen?

Das sind natürlich nur ein paar Anhaltspunkte, aber vielleicht helfen sie dir bereits dabei, deine eigene Sexualität ein bisschen besser einordnen zu können.

Asexualität ist ebenso ein Teil der vielen verschiedenen Sexualitäten, wie Heterosexualität, Bisexualität, Homosexualität und die zahlreichen anderen, die es da noch gibt. In LGBTQIA+ steht genau deswegen auch das „A“ für Asexualität. Hattest du bisher also die Vermutung asexuell zu sein, dann konnten wir dir mit unserem Artikel vielleicht dabei helfen, deine sexuelle Identität besser zu verstehen. Ganz egal, ob du dich gerade erst damit identifizierst, asexuell zu sein oder es schon sehr lange bist, sei stolz auf dich und deine Sexualität – wir von pjur sind mit dir stolz!

Übrigens: Asexualität hat wie viele sexuelle Identitäten und Orientierungen ihre eigene Flagge. Das sind ihre Farben. Schwarz steht für komplette Asexualität, Grau für das asexuelle Spektrum, Weiß für nicht-asexuelle Partner/innen und Lila für die solidarische Gemeinschaft.

Die Flagge für Asexualität weht im Wind. Im Hintergrund sind Bäume zu sehen.
Die Flagge für Asexualität
Search